In Zeiten des Waldsterbens und des Klimawandels
In Zeiten des Waldsterbens und des Klimawandels erscheint uns das Feiern mit einem geschlagenen Weihnachtsbaum nicht mehr zeitgemäß.
2015 feierten wir das letzte Mal mit einem Weihnachtsbaum – mit einem Baum direkt aus dem Wald geschlagen, hier aus der schönen Eifel, wo Wälder noch zum gewohnten Umfeld gehören und ein beliebtes Ausflugs- und Erholungsziel für viele Menschen sind. Jedes Jahr kommen Menschen, um in Ruhe freie Zeit und die Natur zu genießen. Dem gegenüber scheint es widersprüchlich, dass die gleichen Menschen am Ende des Jahres abermals hierher kommen, um dem Wald einen Baum zu entnehmen: einen Tannenbaum – für das Fest der Liebe. Dies in der sicherlich gutgläubigen Annahme, dass ein Baum direkt aus dem Wald geschlagen, im Gegensatz zum Weihnachtsbaum aus klar deklarierten Anbauplantagen, mit gutem Gewissen vertretbar ist.
Dieser Annahme folgte auch ich, weil ich nicht auf einen Weihnachtsbaum verzichten und Teil einer zumindest scheinbaren Idylle und Tradition sein wollte. Ein Weihnachtsbaum mit frischen, echten Tannenzweigen – so kennen wir es aus unserer Kindheit und hierin ist unser ganzes Weihnachten enthalten – Vorfreude, Familienharmonie, Geborgenheit, Besinnlichkeit, Wärme und Licht!
Bereits in diesem Dezember 2015 jedoch hatte meine Familie Zweifel an dieser Kultur. Dennoch gingen auch wir an diesem 1. Advent in den Wald gleich am Rande unseres Dorfes. Alle Jahre wieder trafen sich hier alle von nah und fern in der möglichst verschneiten „Schonung“ unseres Nachbars bei Glühwein, heißem Kakao und Weihnachtsgebäck, um vor diesem geselligen Hintergrund den möglichst perfekten Baum unter all den eigens angebauten Tannenbäumen auszuwählen. Inmitten all des Getümmels erwählten auch wir den für uns passenden Baum. Doch ich konnte nicht umhin, sensibilisiert durch die Skepsis meiner Familie, noch mit einem Auge auf das Treiben zu schauen. Und so vernahm ich deutlich das wiederkehrende Dröhnen der Motorsägen, die einen Baum nach dem anderen binnen Sekunden fällte, nahm die vielen Menschen wahr, die die Stille des sonst so friedlichen und Schutz bietenden Waldes in meinem Empfinden störten, die mit ihren Schuhen lärmend das Unterholz durchkreuzten, nachdem sie mit ihren Autos so nahe wie möglich an das Waldstück herangefahren waren und dieses zu einem eher kommerziellen Ort ähnlich einer Autobahnraststätte verwandelt hatten. War ich zu drastisch in meiner Betrachtung?
Auch wir wählten unser Bäumchen aus, ließen es transportabel einnetzen und kehrten somit vermeintlich erfolgreich heim.
Mein Spaziergang am nächsten Tag, neugierig den Spuren des Spektakels folgend, bestätigte meine kritische Bewertung: der gestern so idyllisch wirkende Adventsplatz machte mich traurig, kahle, lichte Stellen, wo zuvor Bäume 10-15 Jahre für eine durchschnittliche Größe gewachsen waren, umgeben von Reifen zerfahrenen Geländes. Die Bäume hatten ein Ökosystem gebildet, Schutz für Tiere und Insekten geboten und uns allen gedient. Nach ihrem Status als Weihnachtsbaum würden sie ca. 4 Wochen später wieder entsorgt, nachdem sie in dieser Zeit im Mittelpunkt des Fests der Liebe gestanden hatten, gehegt und geschmückt. Was mir so althergebracht naturverbunden gewirkt hatte, entpuppte sich mir nun als konsumorientiert und dem einzelnen Geschöpf und unserer Mutter Natur gegenüber rücksichtsloses Ausbeuten.
Es brauchte eine Alternative – und so setzten wir fortan all unsere Energie in die Entwicklung des Frohnachtsbaum.